Omo Valley

Unglaublich faszinierend und einmalig in seiner Art, hat das Omo Valley rein gar nichts gemein mit dem christlichen Äthiopien im grünen urbanisierten Hochland. Weite Steppe und Ursprünglichkeit herrschen vor: ein Stück Afrika, so wie es früher einmal war, fernab jeglicher Zivilisation.

Noch heute leben rund zwei Dutzend Stämme im Gebiet entlang des Unterlaufs des Flusses Omo nach althergebrachten Traditionen. Sie praktizieren die Bräuche ihrer Urahnen und kleiden sich wie diese. Sie bemalen und dekorieren ihre Körper farbenfroh, manchmal auch wild und überbordend. Sie tanzen, singen, kämpfen und jagen. Die Zahl der Mitglieder der einzelnen Stämme reicht von einigen Zehntausenden bis zu nur 500. Jeder dieser Stämme ist eigen in seiner Art, den Traditionen und Ritualen. Dies spiegelt sich auch in der sprachlichen Vielfalt des Gebiets wider: rund 30 verschiedene Sprachgruppierungen existieren hier.

Die Hamer * Der rund 35.000köpfige Stamm lebt im Gebiet östlich des Flusses Omo bis hin zum See Chew Bahir, nahe der kenianischen Grenze. Besonders die Hamerfrauen fallen durch ihr prächtiges Äußeres ins Auge. Die Haare hängen schwer und strähnchenweise eingedreht in Stirn und Nacken, fixiert mit bronzefarbener Paste. Bunt verzierte Lederröcke sind mit farbigen Bändern um ihre Taillen gebunden, kupferne Armreifen sitzen fest um Unterarm und Handgelenk. Ist die Frau verheiratet, zieren zusätzlich schwere Kupferreifen ihren Hals.

Die Männer sind demgegenüber vergleichsweise schmucklos, es sei denn, ein Tanz oder eine Zeremonie steht an. Dann bemalen sie ihre Körper mit Kalkfarbe grell weiß. Die wichtigste Zeremonie der Hamer ist der jährliche ‚Bullensprung’, ein Initiationsritus für junge Männer. Am dritten Tag gelangt das Fest zum Höhepunkt. Junge Mädchen trinken und tanzen sich in Trance. Sie provozieren die Männer, sie mit Stöcken zu schlagen. Sie verlangen mehr, bis Blut fließt. Am Nachmittag werden bis zu 30 Bullen nebeneinander aufgereiht. Unbekleidet schwingt sich der junge Mann, der initiiert werden soll, auf den Rücken des ersten Bullen. Von dort springt er von Rücken zu Rücken bis zum Ende der Reihe und zurück. Dies muss bis zu dreimal wiederholt werden, erst dann ist der junge Mann erfolgreich initiiert und heiratsfähig.

Die Mursi * Die Mursi zählen rund 5.000 Seelen und besiedeln das Gebiet zwischen dem Fluss Omo und dem Fluss Mago. Berühmt sind die Mursi für den recht eigenwilligen Lippenschmuck ihrer Frauen: Im Alter von etwa 16-20 Jahren wird einem Mursi Mädchen ein kleiner Schlitz direkt unter der Unterlippe eingefügt. Dieser kleine Schlitz wird kontinuierlich geweitet, ein kleiner Pflock wird eingesetzt, dann ein etwas größerer. Ist der Schlitz weit genug, wird der Pflock durch eine kleine runde Tonscheibe ausgetauscht. Auch diese wird kontinuierlich durch eine etwas größere Scheibe ersetzt. Das Optimum ist erreicht, weist die Tellerlippe einen Durchmesser von über 15cm auf. Die Mühe scheint sich auszuzahlen, denn je größer die Scheibe, desto größer der Wert einer Mursibraut.

Zusätzlich zu den Lippentellern tragen die Frauen auch oftmals Scheiben als Ohrschmuck. Daneben kommen opulente Gehänge aus Muscheln, Glasperlen oder silberfarbene Reifen zum Einsatz. Wilde weiß-rotbraune Muster dekorieren die frei gebliebenen Körperstellen.

Für die Männer heißt es hingegen, Geschick und kämpferisches Können zu beweisen. Um die Heiratsfähigkeit zu erwerben, muss jeder Mursimann  einen Stockkampf, genannt Donga, gewinnen. Dieses Ritual ist für die Völker der Surma, zu denen auch die Mursi gehören, allgemein üblich.

Die Surma * Steht ein Stockkampf (‚Donga’) an, bemalen die Kontrahenten ihre Körper mit Kreidepaste gespenstisch weiß. Bewaffnet mit rund zwei Meter langen Stöcken, die mit phallus-ähnlichen Spitzen versehen sind, gehen die Gegner aufeinander los. Dieser Kampf konnte früher sogar bis zum Tod einer der Kämpfer führen. Mittlerweile gesteht jedoch in der Regel der Geschlagene die Niederlage rechtzeitig ein. Sodann wird der gefeierte Gewinner von heiratsfähigen Mädchen weggeführt, um zu beratschlagen, welche von ihnen ihn ehelichen wird. Der Verlierer muss warten, denn der Gewinn einer Donga ist unabdingbare Voraussetzung für die Heiratsfähigkeit.

Daneben siedeln die Tsemai und Arbore, die Ari, Bumi und Bena im Gebiet des Omo Valleys, sowie die Dassanech und die Karo, die bekannt für ihre lebhafte, rot gepunktete  Körperbemalung sind. Die wöchentlichen Märkte in den Siedlungen bieten eine tolle Gelegenheit, das bunte Völkergemisch hautnah zu erleben. .

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Reisedauer: Mindestens acht Tage sollten von Addis Abeba aus eingeplant werden (zwei Tage werden allein jeweils für die Anfahrt und Rückfahrt benötigt). Eine detaillierte Beschreibung eines möglichen Reiseablaufs finden Sie unter: UNSERE TOUREN, Völker des Südens – 9 Tage Omo Valley. Alternativ besteht die Möglichkeit, mit dem Flugzeug nach Jinka zu fliegen und von dort aus weiter zu fahren.

Reisezeit: Die rituellen Zeremonien der meisten Stämme finden vor und nach der Regenzeit statt, das heißt, in etwa von Juli bis Februar. Möchte man Zeuge dieser einmaligen Feste werden, sollte man seine Reise entsprechend planen. Die bekannteste aller Zeremonien, der Bullensprung der Hamer, findet außerdem in der Regel nur an Markttagen statt (in Turmi ist das der Montag). Stockkämpfe sind oft im August. Des Weiteren ist das Omo Valley während der Kernzeit der Regenzeit von etwa Mitte April bis Mai gegebenenfalls nur schlecht befahrbar. Bitte beachten Sie, dass sich die Regenzeit auch verschieben kann.

Markttage: montags in Turmi und Karat-Konso; dienstags in Dimeka (Holzmarkt); donnerstags in Key Afar; samstags in Dimeka (Markt der Frauen), Chencha, Jinka und Karat-Konso

Unterkunft: Im Gebiet sind einige Lodgen vorhanden, ansonsten Unterkunft in den Hotels der Ortschaften. Optional empfiehlt sich bei Möglichkeit Camping, da die wenigen vorhandenen Hotels bei relativ niedrigem Standard recht hohe Preise abverlangen.

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